„Unsere Leser sind ja Kommunikationsspezialisten. sie müssten eigentlich wissen, wie gute Kommunikation funktioniert. Eine solche muss überraschend und interessant sein und (ganz wichtig) sie muss zum Lesen animieren. Sonst kann sie ja nichts bewirken. Ist ja logisch. Aber ohalätz! Sobald es um die eigene Firma oder das eigene Produkt geht, dann tönt die Sache ganz anders. «Könnte man dies nicht positiver formulieren?» oder «ich möchte diesen Satzlieber weglassen». Pierre C. Meier, Chefredaktor Werbewoche

Wo er recht hat, da hat er recht, der Herr Meier. Als alternder Schreiberling in der Kommunikationsbranche habe auch ich erfahren müssen, wie die Professionalisierung – auch hier, in der kreativen Branche! – wie die Professionalisierung zur Standardisierung verkommt und bis in den Satzbau hinein sich ausbreitet wie der Nebel am Jurasüdfuss in den Wintermonaten. Eine leise depressive Stimmung macht sich breit und ist gekommen, um zu bleiben. Werber neigen zur Depression, das haben sie mit Clowns gemeinsam. Die Kreation einer Welt der Erfüllung fusst auf Zerbrechlichkeit. Werber wissen darum und leiden still. Sie nehmen sich selbst nicht wirklich ernst, sie respektieren sich und freuen sich an gelungenen Geschichten. Geschichten gelingen oft nicht und das Leben ist keine Geschichte.

Die Werbewoche steigt selbstkritisch in sich selber ein. Stellt anschliessend gleich zwei neue Ausbildungsgänge vor, die ein absolutes Muss sind. Die Kraft der Marke (Brand Leadership), HWZ, und Marketingmanagement, UNI Bern. Das tönt alles extrem wichtig und das ist es ja wohl auch. Und dann folgt der Artikel „Design allein bringt es nicht“. Das geht an die Substanz. Da kommen Bilder hoch. Kundengespräche, Fragen beim Briefing zu den Inhalten. Die Ratlosigkeit des Kunden. „Es kann durchaus vorkommen, dass man bei der Infragestellung von Kommunikationsprozessen Probleme aufwirft, die den Kunden nervös machen.“ Er, Oliver Reichenstein, spricht mir aus der Seele. Webseiten bilden Firmen ab, Webseiten sind viel mehr als Prospekte, Webseiten sind „das Unternehmen“. Mein Bürokollege schräg gegenüber führt eine Webdesignagentur. Und genau heute, wo ich die Werbewoche lese, fragt er mich, wie er einem Kunden beibringen soll, dass das, was er da in Eigenregie zusammengebastelt hat, zwar im Internet erscheint, mit einer Webseite jedoch herzlich wenig zu tun habe. Ich bin Texter, mir fehlen die Worte.

Gottseidank gibt es Theophil Butz. Der kommt jetzt gerade richtig. Der gibt einem den werberischen Rest. Der trifft wieder so eine empfindliche Stelle. Ich als Werber schaue keine Filme auf RTL oder anderen ähnlich gelagerten Sendern, weil ich es mir einfach nicht bieten lasse, dass eine gute Geschichte mit Werbespots kaputt gemacht wird. Wie ist es nur soweit gekommen? „Liebe Kreative, ich werde das Gefühl nicht los, dass ihr zu wenig mit dem Kunden sprecht und zu viel den Beratern überlässt.“ Mag sein. Die Kunden sind jedoch sehr oft auch äusserst überzeugt, dass sie wissen, was richtig ist (Sie haben schliesslich schon 2 bis 3 Agenturen überlebt, das schult). Und so bin ich nach Seite 7 schon ziemlich am Ende und habe gar keine Lust mehr auf all die tollen Werbergeschichten inklusive Impact-Check, wo Kreativität dann am Erfolg bei den Kunden gemessen wird. Ich winke das alles durch. Wie ein Bahnhofsvorstand. Oder heisst es Bahnhofvorstand?

PS: Ich weiss, auf Seite 6 steht noch etwas über den Bachelor. Passt voll in meine Stimmung. Klingender Hohlraum – wunderschön. Heiss wie Wodka, dumm wie Brot – Werbung 2013?

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