Neuerdings haben Sie sich für die Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen ausgesprochen.
Das muss ich relativieren. Das bedingungslose Grundeinkommen ist ein ganz altes Anliegen, kann aber nur verwirklicht werden, wenn sich unsere Gesellschaft quasi um 240 Grad dreht. Grundeinkommen ist nicht nur Freiheit, es ist vor allem auch viel mehr Selbstverantwortung. Davon sind wir weit weg.

Wer will noch arbeiten, wenn das Geld sowieso kommt?
Heute könnte man das nicht einführen, das wäre ein absoluter Flop. Das bedingungslose Grundeinkommen braucht 30 Jahre, es wird an der Urne sowieso drei-, viermal abgelehnt. Das ist auch gut so, würde man es mit einem Schnellschuss durchbringen, gäbe es ein Desaster. Ich würde heute Nein stimmen, die Leute sind ja nicht vorbereitet.

Ausschnitt aus einem Interview des Tages Anzeigers mit Judith Giovanelli Blocher zu ihrer Autobiografie, ganzes Interview unter: http://www.tagesanzeiger.ch/leben/gesellschaft/Es-ist-nicht-lustig-zur-Familie-Blocher-zu-gehoeren/story/27374349

Die zwei Fragen und Antworten treffen die Kernpunkte der Initiative. Die verkürzte Wahrnehmung, dass Menschen nur wegen dem Geld arbeiten würden, muss überwunden werden. Und was ebenfalls deutlich werden muss, ist der Aspekt der Selbstverantwortung. Die Begriffe „Arbeit“ und  „Selbstverantwortung“ bedürfen der engagierten und differenzierten Diskussion. Eine Gesellschaft, wo Konsum zu einem zentralen Treiber des Wohlstandes geworden ist, kann sich nur weiter entwickeln, wenn das Dasein, „das Leben“ über die monetäre Produktivität und den Konsum hinaus Qualitäten entwickeln kann. Es gilt, „sich als produktive, arbeitende Gesellschaft“ in Frage zu stellen und neue Wege zu entdecken. Herkömmliches Links-rechts- und Oben-unten-denken genügt da nicht mehr. Welche Möglichkeiten haben wir zur Schaffung von Lebensqualität, die über die Produktion und Anhäufung von Gütern hinaus Wertschöpfung ermöglicht? Ist das bedingungslose Grundeinkommen eine Basis für neue Wege? Der Weg zur Lösungsfindung kann lang werden, er kann sich jedoch als überraschend spannend und konstruktiv entpuppen. Insofern kann der Weg zum Ziel werden und diese Chance sollten wir uns geben. marktwärts – wohin sonst?